Ehrlich, mir schwillt jedes Mal der Kamm, wenn ich wieder höre, dass irgend jemand erst mal irgend was probieren muss. Was muss der denn probieren? Das, was er nicht haben will? Oder will er probieren, ob er noch probieren darf?
Probieren ist eigentlich Quatsch. Selbst teure Immobilien oder Ehefrauen kann man(n) nicht probieren. Die muss man so nehmen, wie sie sich präsentieren. Probieren gibt es nicht, schon gar nicht in der Form wie das Probierte sich später im Alltag bewährt. Probieren sollte man in einigen Fällen schon. — Aber nur wenn man der richtige Probierer dafür ist.
Deshalb gibt es drei Sorten von Probierern. Den Angst-Probierer, den Neugierigen und den Berufs-Probierer.
Der Angst-Probierer
Der muss probieren, sonst wird der wahnsinnig. Eigentlich ist er das schon. Aber als Probierer geht er auf Nummer Sicher und lässt sich auf nichts ein, worin er investieren müsste. Der akzeptiert kein Risiko. Dabei investiert er den Großteil seiner wertvollen Lebenszeit genauso ins Probieren, wie der Schnäppchenjäger die seine auf der Suche nach dem jeweils günstigsten Preis. (Für Dinge, die er nicht braucht.) Und riskiert damit, genau das zu übergehen, was er wirklich sucht. (Und ansonsten schon längst gefunden oder als Chance hätte nutzen können.)
Er will lieber Unsicherheiten ausschließen. (Was real nie funktionieren kann.) Er schiebt auf und probiert statt dessen lieber weiter, weil er wissen will, was er für sein hart verdientes Geld bekommt oder wofür er seine wertvolle Zeit opfert.
Der Grund?
Der Angst-Probierer ist Perfektionist (siehe ‚wahnsinn‘). Er will das ultimative Ding. Aber genau das kriegt er nicht. Eher weniger. Denn durch die ganze Probiererei kommt er nur von dem ab, was er ursprünglich wollte (siehe oben). Er hat Angst, was zu verpassen und verpasst genau deswegen das, was er auf keinen Fall verpassen will.
Kurz, der Angt-Probierer probiert nur. Er kauft nicht und er mietet nicht (was oft sinnvoller wäre als probieren). Er richtet durch sein exzessives Probieren sogar Schaden an. Ich habe im Supermarkt schon Leute beobachtet, die die Versiegelung vom Margarinebecher lösen, ihren ungewaschenen Klofinger rein stecken und… probieren.
Mit angelutschtem Finger gehts weiter zur Senf-Abteilung. Deckel auf, wieder den Klofinger rein und lutschen. (Deshalb kaufe ich keinen Löwensenf, wegen der fehlenden Versiegelung.) Danach wird daneben die Tube angbrochen, Klofinger ran und…. Genau. Lutschen. Der Angst-Probierer ist ein Lutscher.
Diese selben Leute sind es, die sogar Hobby-mäßig in Deutschland mit Rucksäcken auf Messen gehen und unentwegt Proben einsammeln. Ist der Sack voll, sind sie weg. …und haben das Gefühl, dass sie nochmal wieder kommen müssen.
Der Neugierige sucht die Erfahrung
Diese Form ist ein Sonderfall, weil es im eigentlichem Sinne kein Probieren mehr ist. Eher ist es eine risikobereite Art, etwas in Erfahrung bringen. Ein bisschen Aufregung, also den emotionalen Kick zu bekommen. Diese Neugierde ist auch eine Treibkraft (oder sagt man Triebkraft?) zu persönlicher Bildung.
Neugierige probieren nur Dinge, die wirklich selten und exquisit sind. Sie wollen herausfinden, was denn nun dahinter steckt. (Auch ich gehöre manchmal dazu.) Und meistens probieren sie diese auch umfänglicher als als der Angst-Probierer. Und auf jeden Fall ohne zu lutschen.
Auch Genussmenschen (Hedonisten genannt) fallen im weitesten Sinn unter den Neugierigen. Im weitesten Sinn deshalb, weil das Probieren schon beim Kauf inbegriffen ist. Mit anderen Worten, er probiert, indem er kauft. Er gibt Butter bei die Fische. Er probiert reichlich, intensiv und ausschweifend. Er lutscht nicht. Er schluckt.
Er sagt nicht: „Aber nur ein kleines Schlückchen.“ Sondern: „Her mit der Pulle!“ Er ist nicht oberflächlich, sondern entschlossen und geht tief in die Materie. Er will rein ins Abenteuer und steht auf intensives Kennenlernen mit allen Facetten. Er will nicht anlutschen, er will vernaschen.
Der Profi-Probierer
Kurz, der Berufs-Probierer hat das Probieren als Beruf, als einen Teil davon oder sogar als Geschäftsmodell. Und wenn wir schon bei Geschäftsmodellen sind. Auch das Klokain-Kartell ist ein Geschäftsmodell. Dieser Blog dient der Vorbereitung dazu. (Ja ja, ich bin böse, hege „kapitalistische“ Absichten und bin viel schlimmer als Donald Trump.)
Aber hier probiere ich nicht, sondern experimentiere. Genau wie der Koch, der Whisky-Blender oder der verrückte Wissenschaftler. Ein Experiment muss man planen und durchführen. Entweder es klappt oder klappt nicht. Der Angst-Probierer will ja genau das abwenden. Also abwenden, dass es auch schief gehen könnte.
Wie sagte schon Konfuzius: „Del Weise weiß, dass es nicht geht, und macht es tlotzdem.“
Eben.
Wie du trotzdem richtig probierst
Am besten probierst du erst gar nicht. Sondern gehst von vornherein nach deinem Bauchgefühl.
Kaufe das, was du haben willst. (Aber mach es so, dass deine Finanzen passen.)
Heirate die Person, die dich in Wallung bringt. (Aber achte vorher darauf, dass sie auch andere gut behandelt.)
Mache denjenigen zum (Geschäfts-)Partner, bei dem du sofort merkst, dass er der richtige wäre. (Du musst mit ihm klarkommen, die Chemie ist wichtiger als Perfektion.)
Das Leben ist keine Probe, es findet bereits statt. Wer hier probiert, verliert. — Im Großen und Ganzen, sag ich mal.