Mir hängt immer noch der Spruch eines Porsche-Abteilungleiters in den Ohren, der vor versammelter Mannschaft im Frühjahr 2001 mit seinem Mund in meine Richtung furzte: „Wir sind hier nicht, um die schöne Landschaft zu genießen, sondern um den uns gestellten Anforderungen gerecht zu werden und demnach Ergebnisse vorzuweisen.“
Der klang ganz so, als ob ich mich für so was wie Landschaft interessieren würde. Vor allem in der Gegend. Oder dachte der, ich bin freiwillig da, um erst mal auf dem häßlichen Betriebsgelände ‚German Urlaub‘ zu machen?!
Mit „Wir“ hat er „Sie“ gemeint, also mich, den „amerikanisch aussehenden Ossi“ (das hab ich gehört). Amerikaner und Ossi, das ist wohl die brisanteste Mischung der schlimmsten Feindbilder, die man sich in Greater Stuttgart vorstellen kann. So war jedenfalls mein erster Eindruck.
Der mürrische Porsche-Mann fuhr fort: „Wie sie wissen, entwickeln wir hier keine Trabis, sondern die besten Fahrzeuge der Welt, um die uns jeder andere Hersteller beneidet. Und damit das so bleibt, stellen wir täglich an uns selbst die höchsten Ansprüche. Ich erwarte das auf ein Mindestmaß auch von ihnen.“
Jeder Untersturmbannführer hätte sich nicht besser ausdrücken können. Ich kann dir sagen….
Das war kurz nach meiner Ankunft.
Wir hatten noch keine Erfahrungen miteinander und ich war vorher noch nie dort. Mich kannte dort niemand.
Mein erster Gedanke war ungefähr so:
Meine Fresse. Die sind schlimmer drauf als ich befürchtet habe. Wenn das einige Kunden wüssten.
Fakt ist, dass ich diesen Zusammenstoß hatte.
Kunden kommen mit solchen Prachtexemplaren der Belegschaft eher selten in Berührung.
Der Hitler 911 Turbo
Wenn ich heute den Namen Porsche höre, dann höre ich auch KDF. Und den Namen Hitler. Der grimmige Ölscheitel hat nämlich so einiges damit zu tun gehabt. Porsche war nämlich Adi’s Traumfabrik für Wunderwaffen, zum Beispiel der äußerst putzigen Maus. — Das regte meine Fantasie an:
Reichsrennwagen Hitler 911 Turbo, der Name passt.
Der Targa hieße dann Führerkanzel. Und ein Cayenne S, der Sportkübel unter den Leicht-SUV, bekommt noch ein zweites „S“ spendiert.
Gegen Aufpreis gibt es noch die Göring-Komfortausstattung mit massiv verbreiterter Schenkelauflage, Hakenkreuzgetriebe mit Blitzschaltung und den Sportauspuff, der genauso brüllt wie Onkel Adolf, wenn er sich in Rage redet.
Diese Gedanken kamen mir wie von selbst, denn in Pausengesprächen der deutschen Ingenieure wurden meine französischen Kollegen während deren Abwesenheit wie selbstverständlich als „die Froschfresser“ bezeichnet.
Ja, König Adolf Der Böse ist tot.
Aber sein Geist scheint dort überlebt zu haben. Ich kann mich erinnern, dass einer sogar ein angedeutetes Quadrat-Bärtchen hatte.
Nochmal: Wenn einige Kunden das wüssten….
Ich verstehe die Liebhaber
Berühmtheiten wie Steve McQueen oder Jerry Seinfeld waren beziehungsweise sind regelrechte Porsche-Markenbotschafter. Deren Bilder hängen stolz im Flur der stolzen Entwicklungsabteilung. Auch eines von Arnie.
Privat kenne ich einige, die sich für die Sportwagen oder deren Technik interessieren und auch besitzen. Was ich ja verstehen kann. Wenn man meine realen Erlebnisse dort ausblendet, könnte es durchaus romantisch werden. Die Rennerfolge, die Prominenten und wieder die ausgefeilte Technik und Ingenieurskunst. Alles schön. Aber ohne Kunden ginge gar nichts.
Ich persönlich habe auch Lieblingsmarken. Nicht nur eine, sondern mehrere. Egal, ob es um Whisky, Mostrich, Fernseher oder eben Fahrzeuge geht. Und warum gehören jene zu meinen Lieblingsmarken? Weil ich da eine Verbindung zu den Menschen herstellen kann, die dort arbeiten.
Zumindest will ich glauben, dass bei den Produkten, die ich favorisiere, die richtigen zu Werke gegangen sind. Dafür erzähle ich mir auch gern meine eigene Version der Story über meine Lieblingsmarken. Was wiederum mehr über mich sagt, sprich erzählt, als über den Hersteller, dessen Produkt ich benutze oder – seien wir ehrlich – gern hätte. Das funktioniert ganz gut…
,,,kann aber auch böse enden
Bevor ich zu Porsche kam, hatte ich kein Problem mit dem Unternehmen oder der Marke. Ich war kein Fan, aber jemand, der den Fahrzeugen eine gewisse ‚Männlichkeit‘ attestierte. Wegen Steve McQueen und so. Seit 2001 hat sich das geändert wie nach einem Unfall.
Porsche ist seitdem ein No-Go, also eine der Marken, die ich tunlichst meide. Die Dinger dürfen bei mir nicht mal mehr auf den Hof. Die müssen draußen bleiben wie ein mit Zecken verseuchter nasser Köter.
Bleiben wir bei der stolzen deutschen Fahrzeugindustrie, weil es grad‘ so schön ist. Ein Freund von mir ist Motorradfahrer und er fährt eine BMW. Da ihm in letzter Zeit aber vermehrt andere BMW-Fahrer arrogant vorkamen, ist ihm die eigene Marke unsympathisch geworden.
Er liebäugelt mittlerweile mit Triumph, obwohl er fast sein Leben lang Boxer-Modelle fuhr, sogar welche mit angetriebenen Seitenwagen und Rückwärtsgang…. Aber die Erfahrungen mit Triumph-Leuten waren einfach angenehmer. Sie leben eher so wie er. Seine Story ähnelt denen der Triumph-Fahrer.
In diesem Beispiel ist es nicht direkt der Hersteller, der die Story meines Freundes verdirbt. Sondern die Kunden dieser Marke. Ich kann als Hersteller kaum verhindern, dass Penner mit geringem Selbstwertgefühl, also arrogante Menschen meine Produkte kaufen. Auch Harley-Davidson hat dieses Problem. Allerdings, genau wie BMW, speziell in Deutschland.
Meine Erklärung ist, dass die Händler (siehe Mitarbeiter) hier eine Mitschuld haben, weil sie meiner Ansicht nach die eigenen Kunden mit Arroganz anstecken. Aber das gilt auffallend oft auch für andere Marken mit Premium-Bonus.
Wird ein Händler einerseits von Erfolg verwöhnt und damit bestätigt, und andererseits von der Marke (dem Konzernvertrieb) an der kurzen Leine gehalten wird (durch strenge Vorgaben, aufgezwungene hohe Betriebskosten), so nimmt ein potentielle Kunde das als Arroganz wahr. Der Händler wirkt dadurch abweisend wie ein Beamter.
Ein häufiger Grund dafür…
…sind die Falschen Leute (Mitarbeiter, Kunden). Und kurzfristiges Denken in den Unternehmen. Denn der Aufbau einer Marke und die Kundenbindung daran dauert nun mal länger als ein Manager heutzutage in eben jener verantwortlichen Position ist. Ist er weg, landen die Kundenbeziehungen in den Müll.
Viele Manager-Karrieren bestehen nur noch aus eine Aneinanderreihung von Posten-Quickies. Das heißt, der Motorrad-Manager von heute kann morgen schon Chef in der Vibratorfabrik von Beate Uhse sein. Und so lange er da drin steckt, denkt er ‚Gewinnmaximiert‘, an den Moment, den Karriere-oder Boni-Kick.
Die Lösung des Problems ist…
…zu wissen, dass der Fisch vom Kopfe her stinkt. Das heißt, ein Unternhemen, dass vom Gründer selbst betrieben wird, der 1:1-Kontakt mit dem Kunden hat, gibt eine völlig andere, ich würde sogar sagen menschliche Erfahrung weiter, die man bei Firmen mit abgehobener (entrückter) Eignerstruktur gar nicht findet. Da sind Angestellte, die nur „wichtig“ sind und deshalb logischerweise nur ihr eigenes Wohl im Sinn haben.
Diese Erfahrungen und Eigenheiten kannst du jederzeit auf jeden Bereich des Alltags übertragen. Du kannst es überall beobachten. Bei Freunden, Bekannten und deinem „freundlichen“ (Händler, Verkäufer).
Überall bekommst du eine Geschichte präsentiert, oft unfreiwillig, unpassend und unverständlich. Oder verstehst du die Arroganz von jemanden, der von deinem Geld und Wohlwollen lebt? Eben.
Eine wahrhaftige Geschichte zu erzählen die inspiriert, die ‚erzählt‘ man nicht nur, die teilt man. Mit ‚teilen‘ meine ich: „Ja, das kenne ich auch. Hab ich genauso erlebt.“ Für Dinge wie Autos heißt das, sie bestätigen dich, deine Story sozusagen. Porsche hat das verbockt, zumindest bei mir. Die haben es tatsächlich geschafft, dass ich als PS-Junkie, wenn ich die Wahl hätte, statt einen 911er nun lieber den Bus nehme.
Ich habe mal mit jemanden gesoffen, der in einer Busfabrik arbeitet.